Alnus on Polen-Tour: Die Warthe-Herausforderung

Bereit für die Warthe-Herausforderung

Bereit für die Warthe-Herausforderung

Letztes Jahr haben wir auf der Vernetzungsfahrt nach Polen die Fühler nach Gorzow Wielkopolski ausgestreckt und dort einen Anker geworfen. In der Partnerstadt von Eberswalde gibt es auch zivilgesellschaftliche Akteure im Umweltbereich. So haben wir Zbyszek, Hania und Theresa vom PTTK Ziemia Gorzowska kennen gelernt. PTTK bedeutet Polskie Towarzystwo Turystyczno-Krajoznawcze (https://de.wikipedia.org/wiki/Polskie_Towarzystwo_Turystyczno-Krajoznawcze). Sie organisieren Ausflüge, erstellen Wanderkarten, erforschen lokale Sehenswürdigkeiten und machen Umweltbildung mit Kindern. Sie haben vor 10 Jahren eine alte Dorfschule in dem etwa 40 km westlich von Gorzow liegendem Moscice bezogen, um sie vor dem weiteren Verfall zu retten und dort ein Umweltbildungszentrum einzurichten. Das Ansinnen des Vereins ist es, seine Umgebung zu entdecken, Geschichten zu den besonderen Orten zu erzählen und die Sehenswürdigkeiten für alle zugänglich und erlebbar zu machen. Die treibende Kraft ist die Liebe zur Natur und die Lust auf Geselligkeit. Ausländischen Gästen möchte man gern vor allem die schönsten Orte zeigen. Wir waren ursprünglich zu einer Paddeltour auf dem kleinen Fluss Mysla einladen. Die Warthe ist dagegen kein Paddelklassiker und wird einfach als “unser Fluss” bezeichnet. So wie die Spree zu Berlin gehört, oder der Finowkanal zu Eberswalde, gehört die Warthe zu Gorzow und ist das Normalste der Welt. Weil die Paddeltour auf der Mysla in den Corona-Lockdown fiel, haben wir uns nun an der Tour auf der Warthe beteiligt.

Dafür hatten wir volles Verständnis bei 35°C

Dafür hatten wir volles Verständnis bei 35°C

Auf einem großen Fluss zu paddeln ist eine besondere Erfahrung, besonders bei sommerlichen 35°C. Es gab Sandbänke, die man nicht gesehen hat und plötzlich kann man mitten auf dem Fluss aussteigen. In dem Sand sinkt man etwas ein, weil er ständig in Bewegung ist. Die Warthe ist kein ganz wilder Fluss, aber die Natur hat sich an den Uferbefestigungen schon erfolgreich abgearbeitet. An einigen Stellen bilden Uferabbrüche geeignete Lebensräume für Schwalben. Viele Kibitze flogen auf. Es gab Möwen, Störche, Limikolen und andere Wasservögel zu sehen. In den Pausen erzählt Zbyszek vom Fluss. Es ist der größte unregulierte Fluss Europas. Es gibt keine Schleusen oder Stauwehre, die den Wasserfluss regulieren, aber schon Buhnen, die das Entstehen von Sandbänken in der Flussmitte verhindern. In der Theorie ist die Warthe zwischen Küstrin und Gorzow eine Wasserstraße der Klasse II, also für Boote bis 1,6 m Tiefgang und 500 t Ladung. In der Praxis hat die Warthe im Sommer einen Wasserstand von teilweise nur 40 cm und selbst die Sportschiffahrt kommt regelmäßig komplett zum Erliegen. Wir haben auf unserer 25 km langen Tour nur 2 kleine Motorboote und 2 weitere Paddler aus Berlin mit einem Faltboot getroffen.

viel Natur, keine Boote

viel Natur, keine Schiffe

Die Wojewodschaften Lubuskie und Wielkopolskie, durch die die Warthe überwiegend fließt, sind seit Jahren von den stärksten Dürren betroffen. Das zeigt sich auch in dem geringer werdenden Abfluss. Politiker, Bauindustrie und Schifffahrts-Lobby scheinen das nicht wahr haben zu wollen und propagieren weiterhin den Ausbau der Warthe zu einer internationalen Wasserstraße, der E70. Um die Warthe als frei fließenden Fluss zu schützen, muss man ihre Schönheit möglichst vielen Leuten zeigen. Genau das tut PTTK, ohne sich dabei in die erste Reihe mit den Naturschützern zu stellen. Sie tragen somit zu einer größeren Wertschätzung und Identifizierung mit “ihrem” Fluss, der Warthe, bei. Das ist sehr wichtig in einer Zeit, wo die Perspektive auf die heimische Natur verstärkt als zu erschließende “Ressource” oder Inwert-zu-setzendes touristisches “Potenzial” gesehen wird.

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